Hören - In Schliefanlagen werden Jagdhunde an lebenden Füchsen für die Baujagd abgerichtet und geprüft. Für die Füchse, die dafür missbraucht werden, bedeutet dies ein trauriges Leben in der bedrückenden Enge eines kargen Geheges am Rande der gesetzlichen Mindestanforderungen. Und es bedeutet ein Leben in ständiger Angst vor dem nächsten Einsatz als Übungsobjekt. Denn der Fuchs kann nicht wissen, dass ein körperlicher Kontakt zwischen ihm und dem aggressiven Jagdhund in Schliefanlagen verboten ist und durch Schieber im künstlichen Tunnelsystem verhindert werden soll. Er erleidet dabei immer wieder Stress und Todesangst.
Diese grausame Art der Ausbeutung wird gerade in diesen Tagen wieder besonders häufig praktiziert. Über 100 Schliefanlagen gibt es unseren Informationen nach aktuell in Deutschland. Während Füchse in Freiheit nun mit dem Familienleben beschäftigt sind, müssen die unglücklichen Schliefenfüchse seit Februar in zahlreichen dieser Anlagen wöchentliche “Übungen“ zur Vorbereitung der Bauhunde auf die nächsten Prüfungstermine im April[i] erdulden. Wir haben schon mehrfach über dieses Thema berichtet und wollen uns heute aus aktuellem Anlass einer speziellen Frage widmen:
Woher kommen eigentlich die Füchse, die in Schliefanlagen eingesetzt werden?
Am 18. März 2021 suchte ein uns bekannter Schliefanlagenbetreiber aus Sachsen-Anhalt in der geschlossenen Facebook-Gruppe “Freunde der Fallenjagd“ einen Fuchs und zwar „lebend“: „Wer was in der Falle hat, kann sich gern bei mir melden.“ hieß es dort weiter. Auf die Nachfrage anderer Gruppenmitglieder, wofür man denn einen Fuchs brauchen würde, gab der Beitragsersteller zu, dass er einen wild gefangenen Fuchs für seine Schliefanlage suche.
Diese Anfrage schockiert aus mehreren Gründen. Altfüchse haben derzeit Schonzeit und selbst wenn es in einem Bundesland aktuell keine gesetzliche Schonzeit für Füchse gibt, sind Altfüchse jetzt dennoch gemäß §22 Abs. 4 BJagdG (Elterntierschutz) von der Jagd zu verschonen. Sollte ein Altfuchs aus irgendeinem Grund (ggf. illegal) in dieser Zeit in einer Falle gefangen werden, dürfte er nicht der Natur entnommen werden. Sowohl Rüden als auch Fähen gelten als zur Aufzucht der Welpen erforderlich. Ein lebend gefangener Altfuchs müsste also sofort wieder in die Freiheit entlassen werden, um nicht den Hunger-Tod seiner Welpen zu riskieren. Wird hier also etwa zum Betrieb der Anlage ein Schonzeitvergehen in Kauf genommen? Da der Schliefanlagenbetreiber nicht explizit nach einem Fuchswelpen sucht, der ohnehin erst im nächsten Jahr in der Schliefanlage zum Einsatz kommen könnte, liegt der Verdacht zumindest nahe.
Für einen Jäger wohl legal, aber nicht weniger grausam, wäre es hingegen, einen Fuchswelpen zu fangen, aus seiner Familie zu reißen und zu einem Leben in der Schliefanlage zu verdammen. Der Gedanke, einen Fuchswelpen für diesen Zweck aufzuziehen, erinnert uns an den Fall Foxi[ii] aus dem Jahr 2018: Eine Schliefenmeisterin hatte sich einen hilfsbedürftigen Fuchswelpen von einer Finderin geben lassen, um ihn nach der Aufzucht nicht etwa auszuwildern, sondern als Schliefenfuchs zu behalten. Nur mithilfe massiver Öffentlichkeitsarbeit, einer großen Petition und eurer Unterstützung ist es uns damals gelungen, Foxi vor diesem Schicksal zu retten. Offenbar ist es üblich, in Schliefanlagen scheue Wildfänge einzusetzen, denn diese sind für die Jäger*innen im Rahmen der Fallenjagd leicht zu bekommen und für sie offenbar ohne jeden Wert.
Unter Feinden: Gewöhnung an Gefangenschaft und Todesangst?
In einem YouTube-Video gab der Deutsche Jagdverband (DJV) 2013 einen Einblick in eine Schliefanlage.[iii] Laut Sprecherin seien Füchse, die in Schliefanlagen eingesetzt werden, Handaufzuchten und somit den Umgang mit Menschen gewöhnt. Tatsächlich ist der Gedanke, man können einen Wildfuchs zähmen und auch noch an ein Leben in einer Schliefanlage gewöhnen, völlig absurd. Menschliche Versuche, Wildfüchse fehlzuprägen, scheitern erfahrungsgemäß nahezu immer – zum großen Leidwesen der Tiere. Selbst Füchse, die völlig ohne Kontakt zu Artgenossen aufwachsen müssen und als Welpen stark auf bestimmte Menschen fixiert zu sein scheinen, entwickeln im Alter von 6-8 Wochen eine große Scheu – zumindest vor fremden Menschen – und vor allem einen unbändigen Freiheitsdrang. Diese Erfahrung wurde bereits tausendfach in Wildauffangstationen bestätigt, bei denen regelmäßig fehlgeprägte Füchse nach den gescheiterten Selbstversuchen anderer Personen abgegeben werden. Von der Konfrontation mit fremden Menschen, deren Hunden und der eigentlichen Jagdhundeausbildung in der Schliefanlage abgesehen, ist es für einen solchen Fuchs bereits ein absolut untragbarer Zustand, für längere Zeit in ein kleines Gehege eingesperrt zu sein.
Das Jagdmagazin “Wild und Hund“ behauptet in einem Online-Beitrag zum erwähnten Video, dass in Schliefanlagen eine „für alle beteiligten Tiere stressfreie Situation“ möglich sei.[iv] Ohne Zweifel hat der DJV sich damals alle Mühe gegeben, eine aus seiner Sicht vorbildliche Einrichtung und einen möglichst zutraulichen Fuchs “vorzuführen“. Und dennoch könnte die Diskrepanz zwischen den beschönigenden Aussagen der Sprecherin und dem Anblick des Fuchses, der ängstlich, nahezu bewegungsstarr und mit weit aufgerissenen Augen in der Schliefanlage kauernd gezeigt wird, kaum größer sein.
Jedem, dem nicht jegliches Mitgefühl für Füchse oder jegliche Kenntnis für deren Körpersprache fehlt, wird hier sehr deutlich, dass auch dieser Fuchs in dieser Situation größten Stress erleidet. Und in diesem Moment ist der Fuchs noch nicht einmal dem Hund ausgesetzt. Offenbar führen die schrecklichen Erfahrungen aus früheren Situationen in der Schliefanlage beim Fuchs dazu, dass er bereits in Erwartung der bevorstehenden “Übung“ in Angst – vielleicht sogar in Todesangst – versetzt wird. Von einer Gewöhnung an die Konfrontation mit dem Todfeind Hund kann somit in Wirklichkeit keine Rede sein. Auch mehrere Gutachten[v],[vi],[vii] bestätigen, dass Füchse in Schliefanlagen großem Stress ausgesetzt sind und die Praktiken sogar als Tierquälerei eingestuft werden müssen. Dennoch sind Schliefanlagen hierzulande im Gegensatz zu manchen anderen europäischen Ländern noch immer erlaubt.
Nur ein klares Verbot kann helfen
Der Schliefanlagenbesitzer in Sachsen-Anhalt wird sicherlich auf die eine oder andere Art an ein weiteres Opfer für die Bauhundeausbildung kommen. Sein Beitrag in der geschlossenen Jägergruppe wurde inzwischen gelöscht. Da besagte Schliefanlage erst im August 2018 mit einer Vorführung der Schliefarbeit eingeweiht wurde, stellt sich noch die traurige Frage, warum schon nach nur 2,5 Jahren ein neuer Fuchs für die Anlage gesucht wird. Schließlich können Füchse in Gefangenschaft bei bestmöglicher, also wirklich annähernd artgerechter Haltung und guter Pflege eine Lebenserwartung von bis zu 15 Jahren haben.
Wie viele Füchse jährlich in deutschen Schliefanlagen für eine ebenso sinnlose wie grausame Baujagd körperlich und seelisch verschlissen werden, oder wie viele gar am Ende einer Saison illegal durch einen bewusst ermöglichten Hundekontakt getötet werden, bleibt eines der vielen dunklen Geheimnisse der Jägerschaft. Wir werden uns jedoch weiterhin für Aufklärungsarbeit und ein endgültiges Verbot von Schliefanlagen, der Baujagd, der Fallenjagd – ja der gesamten Jagd auf Füchse einsetzen.
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[i] Deutscher Jagdterrier Club e.V. (2021), Auflistung der Landesgruppen z. T. mit Übungs- und Prüfterminen: https://www.djt-club.de/kontakte/21-landesgruppen.html [ii] Aktionsbündnis Fuchs (2018), Berichterstattung zum Fall Foxi: https://www.aktionsbuendnis-fuchs.de/post/_foxi [iii] Deutscher Jagdverband (2013), YouTube-Video „Die Schliefenanlagen in Deutschland“, https://www.youtube.com/watch?v=fwcuAljjW0w [iv] Wild und Hund (2013), Online-Artikel „Schliefanlagen sind tierschutzgerecht“, https://wildundhund.de/schliefenanlagen-sind-tierschutzgerecht-7920/ [v] Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. (2019): Gutachten „Tierschutzrechtliche Unzulässigkeit von Schliefenanlagen (…)“, https://docs.wixstatic.com/ugd/173a38_3369f84afd7945028d5fe0be10374f48.pdf [vi] Stiftung für das Tier im Recht (2010): Gutachten „Die Baujagd unter dem Aspekt des Tierschutz- und Jagdrechts“, Schweiz, https://docs.wixstatic.com/ugd/83fe7c_43d9ffd6b8d744748f90232f49ccbae1.pdf [vii] SWILD (2009): Gutachten „Eine Beurteilung der Baujagd aus wildtierbiologischer und verhaltensbiologischer Sicht“, Schweiz, https://docs.wixstatic.com/ugd/83fe7c_9de72d93d5d644649ba24d614347ccba.pdf
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