Jäger und Jagdverbände verbreiten derzeit bundesweit Meldungen über eine angebliche Zunahme von Räudeerkrankungen bei Füchsen. Zugleich fordern sie die Aufhebung von Schonzeiten und die Rücknahme von Einschränkungen bei der Fallenjagd. Dabei ist die Jagd kein geeignetes Mittel zur Eindämmung der Räude – im Gegenteil: Sie kann die Ausbreitung der Räudemilben sogar beschleunigen. Das Aktionsbündnis Fuchs, eine bundesweite Initiative von mehr als 60 Tier- und Naturschutzorganisationen, mahnt an, sich bei der Diskussion über die Räude an Fakten statt an Jägerlatein zu orientieren.
Print- wie Onlinemedien, aber auch TV-Sendungen wie die „Hessenschau“, griffen die Meldungen von Jägern in den letzten Tagen vielfach auf, leider zumeist ohne kritische Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Stattdessen wurde der Behauptung viel Raum gegeben, eine scharfe Bejagung von Füchsen sei notwendig, um die Räude einzudämmen. Für Hessen, wo Füchse von März bis August geschont sind, forderte der Jäger und Jagdautor Max Götzfried eine Aufhebung der Schonzeiten, damit gesunde Jungfüchse effektiver bejagt werden. Sichtbar erkrankte Tiere dürfen ohnehin auch während der Schonzeit getötet werden. Zudem drängt die Jägerschaft vielerorts darauf, besonders grausame Jagdmethoden wie die Jagd mit Totschlagfallen wieder zuzulassen bzw. weniger restriktiv zu handhaben. Zusätzlichen Nachdruck verleiht sie den eigenen Forderungen, indem die Übertragbarkeit der Räude auf freilaufende Hunde betont und damit Angst bei Hundehaltern geschürt wird.

Grundsätzlich sind junge Füchse anfälliger für Krankheiten. Bild: Eric Bégin
Fuchsjagd: Nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems
Dabei zeigt sich allein schon an den nicht weniger häufigen Räudemeldungen aus Bundesländern wie Bayern, wo Füchse keine Schonzeit haben und die Jagd mit Totschlagfallen noch erlaubt ist, dass eine Intensivierung der Fuchsjagd die Räude nicht einzudämmen vermag. Im Gegenteil: Wie zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, lässt intensive Bejagung die Geburtenrate der Füchse in die Höhe schnellen und ihre Lebenserwartung sinken. Infolgedessen gibt es in stark bejagten Gebieten keineswegs weniger Füchse; der Anteil an Jungfüchsen steigt jedoch an. Da Jungfüchse für Parasiten und Krankheiten anfälliger sind als erwachsene Tiere, gibt es in solchen Fuchsbeständen ideale Bedingungen für die Ausbreitung der Räude. Mehr noch: Jungfüchse begeben sich im Spätsommer und Herbst auf die Suche nach einem eigenen Revier – und schleppen auf ihren kilometerlangen Wanderungen die Räude möglicherweise in neue Gebiete ein. Die Jagd ist also nicht Teil der Lösung, sondern ein wesentlicher Teil des Problems!
Studie: Häufigkeit von Räudeerkrankungen wird überschätzt
Wie eine umfangreiche Studie norwegischer Forscher nahelegt, wird die Häufigkeit von Räudeerkrankungen bei Füchsen gerade im Winter zudem in aller Regel deutlich überschätzt. So halten räudekranke Füchse im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit sich vor allem in Zeiten der Nahrungsknappheit bevorzugt in der Nähe menschlicher Siedlungen auf 1). Dort haben sie bessere Chancen, Nahrung zu finden und werden so vermehrt wahrgenommen. Gesunde Füchse sind darauf nicht angewiesen. Tatsächlich dürfte die Räude daher deutlich seltener sein, als man angesichts von Beobachtungen vielleicht vermuten würde.
Durchsichtige Kampagne für die Fuchsjagd
Die Masche der Jägerschaft ist durchsichtig: Einerseits will man die umstrittene Fuchsjagd vor den Augen einer kritischer werdenden Öffentlichkeit rechtfertigen; andererseits instrumentalisiert man Krankheiten wie die Räude, um gegen unliebsame Einschränkungen bei der Jagdausübung vorzugehen. „Dabei wird geflissentlich verschwiegen, dass gerade die Bejagung auf verschiedenen Wegen zur Ausbreitung der Räude sowie einer erhöhten Anfälligkeit von Fuchsbeständen beiträgt“, so Daniel Peller, einer der Initiatoren des Aktionsbündnisses Fuchs. „Will man gegen die Räude vorgehen, sollte man sich also für die Einstellung der Fuchsjagd einsetzen, statt den Abschuss von Welpen am elterlichen Bau und den verstärkten Einsatz tierquälerischer Jagdmethoden zu propagieren.“
1) Carricondo-Sanchez, D.; Odden, M.; Linnell, J.D.C.; Odden, J. (2017) The range of the mange: Spatiotemporal patterns of sarcoptic mange in red foxes (Vulpes vulpes) as revealed by camera trapping. PLoS ONE 12(4)
Eine ausführliche Darstellung des Themas sowie wissenschaftliche Nachweise finden Sie in den Erläuterungen und Quellenangaben des Aktionsbündnisses Fuchs.
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