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Pelz aus Jägerhand: Warum das Projekt „Fellwechsel“ ein gewaltiger Flop ist


Während in den vergangenen Jahren mehr und mehr bekannte Modedesigner und -label verkündet haben, gänzlich auf Pelzprodukte zu verzichten, versucht ein anderer Teil der Modebranche, seinen Kunden alle Jahre wieder Pelz- und Lederprodukte über die neue Herbst-/Winterkollektion anzudrehen. Gängig ist dabei weiterhin die Praxis, den gesellschaftlich weitgehend verpönten Pelz in Form von Accessoires oder kleineren Besätzen an Kleidungsstücken – wie etwa Bommeln oder Kragen – regelrecht unterzujubeln. Fehldeklarationen, wie etwa die Deklaration eines Echtpelzes als Kunstpelz oder die Verschleierung/Umdeklaration der verarbeiteten Tierart, sind dabei leider nach wie vor häufig. Pelz ist, unabhängig davon, ob er aus Jagd, Fallenfang oder sogenannten „Pelzfarmen“ stammt, untrennbar mit Leid und Tod von Tieren verbunden. Neben den tierquälerischen Bedingungen bei der Pelztierzucht oder anderer Formen der “Pelzgewinnung“ sollte heute auch jedem bewusst sein, welche Umweltbelastungen beim Reinigungs-, Gerbungs- und Färbeprozess der Felle entstehen und wie schadstoffbelastet und sogar potentiell krebserregend die Endprodukte häufig sind. Für umweltbewusste und tierfreundliche Menschen ist es daher selbstverständlich, gänzlich auf derartige Produkte zu verzichten.

Ungeachtet dieses gewachsenen Bewusstseins und einer breiten allgemeinen Ablehnung gegenüber Pelzprodukten haben vor rund drei Jahren der Deutsche Jagdverband und der Landesjagdverband Baden-Württemberg die „Fellwechsel GmbH“ gegründet. In Verbindung damit steht das Label „we prefur“, welches vom Zentralverband des Kürschnerhandwerks vergeben wird. Auf der Website des Labels werden Pelzprodukte aus der “heimischen Jagd“ als nachhaltig sowie ökologisch, umwelttechnisch und gesundheitlich unbedenklich dargestellt, um sie so salonfähig zu machen und letztendlich verkaufen zu können. Zu den vollmundigen Werbeaussagen zählt dort beispielsweise auch die Behauptung, dass Füchse aufgrund einer vermeintlichen “Überpopulation“ zur Plage geworden wären und ohnehin bejagt werden müssten. Wie inzwischen jeder weiß, der sich etwas mit der Biologie von Füchsen befasst hat, gibt es unter ihnen weder eine Überpopulation, noch ist die Jagd dazu nötig oder geeignet, den Fuchsbestand nachhaltig zu “regulieren“. Da derartige Werbeinhalte für das Label „we prefur“ aus unserer Sicht Falschaussagen und somit eine Irreführung/Täuschung der Verbraucher darstellen, hatte das Aktionsbündnis Fuchs bereits Ende 2018 eine Beschwerde beim Verbraucherschutz sowie bei der Wettbewerbszentrale eingereicht. Auf der Website des Verbraucherschutzes wurde unsere Beschwerde zwar veröffentlicht, aber die von uns kritisierten Werbeinhalte sind leider noch immer im selben Wortlaut auf der Website des Labels „we prefur“ zu finden: https://verbraucherschutz.de/die-falschaussagen-ueber-pelzprodukte/

Glücklicherweise beeinflusst in der freien Marktwirtschaft die Nachfrage maßgeblich das Angebot. Wer Produkte vermarkten möchte, die gesellschaftlich zu Recht verpönt sind, wer Produkte mit Aussagen bewirbt, die jeden Respekt vor Wissenschaft, Natur und Lebewesen vermissen lassen und wer in der heutigen Zeit eine Fuchsjagd propagiert, die wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen ist, muss scheitern. Und da niemand – abgesehen von einigen ewig gestrigen oder völlig abgestumpften Individuen – mehr Pelzprodukte haben möchte, ist der Preis für Fuchsfelle sehr niedrig – so niedrig, dass die Fellwechsel GmbH nun verkündet hat, nicht zu diesen Marktpreisen produzieren zu können. Infolgedessen kann für die kommende Saison kein Geld mehr für die angelieferten Fuchsfelle bezahlt werden: „Die Marktsituation zwingt uns, die Ankaufspreise anzupassen. (…) Die Qualität der gelieferten Füchse, Nutria und Bisam zwingt uns, für die Saison 19/20 keine Auszahlungen vorzunehmen.“ (https://fellwechsel.org/2019/10/23/sammelstelleninfo-2019-2020/) Dass die Fellwechsel GmbH zudem ankündigt, die Auszahlungen der Gutschriften für die bereits in der vergangenen Saison von Jägern zur Verfügung gestellten Felle erst jeweils frühestens ein Jahr nach Abholung der Tiere zu leisten, ist ein weiterer Hinweis auf die offenbar schlechte finanzielle Lage des Unternehmens. Doch es gibt nicht nur finanzielle, sondern auch qualitative Probleme: "Die Qualität der gelieferten Felle ist nicht zufriedenstellend und muss dringend verbessert werden. Die Tiere müssen einzeln direkt nach Erlegung in einem stabilen Müllsack eingefroren werden. Wenn die Hitze nicht entweichen kann, kommt es zu kahlen Stellen am Balg." Das ist besonders bezeichnend, wenn man weiß, dass in der letzten Jagdsaison etwa zwei Drittel der angelieferten Felle vom Fuchs stammten! Diese Ankündigung ist selbst für viele Jäger, die das Projekt bislang unterstützt hatten, ein Skandal. Einige kündigten in den sozialen Medien an, zukünftig keine Tiere mehr an die Fellwechsel GmbH abzugeben und auch keine Sammelstellen mehr zu betreiben. Der Aufwand, für sämtliche im Laufe der Saison getöteten Füchse den ganzen Winter hindurch ein oder zwei extra Kühltruhen laufen zu lassen, macht das Projekt zum Minusgeschäft für die Jäger – und der damit verbundene Energiebedarf offenbart die Lüge vom vermeintlich “ökologisch unbedenklichen Pelz aus heimischer Jagd“…

Fellwechsel: Das miese Geschäft mit den Pelzen von Fuchs, Marder & Co. kommt wohl nicht in die Gänge. Bilder Pixabay, Collage: rotorman.de

Das Projekt Fellwechsel, welches die Jägerschaft dieses Jahr anlässlich von Fuchswochen noch allzu gerne erwähnt hatte, um der sinnlosen Bejagung der Füchse im Nachhinein einen vermeintlichen Nutzen zu geben, erweist sich also – wie von uns erwartet – glücklicherweise als Flop. Wir möchten an dieser Stelle auch nicht versäumen, nochmal daran zu erinnern, dass das Projekt bereits mit einem handfesten Finanzierungsskandal startete: Im ersten Jahr seiner Geschäftstätigkeit hatte die Fellwechsel GmbH Verbindlichkeiten von über 400.000 Euro angehäuft. Bezeichnenderweise bestanden laut Bundesanzeiger 138.000 Euro dieser Verbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern – obwohl etwa der Deutsche Jagdverband satzungsgemäß ein gemeinnütziger Verein ist. Durch die Hintertür konnte damit dessen Steuerbegünstigung genutzt werden, um ein fragwürdiges Wirtschaftsunternehmen zur Pelzvermarktung zu finanzieren. Zudem hatte das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie (MULE) in Sachsen-Anhalt im Jahr 2018 der Fellwechsel GmbH Gefriertruhen und Kühlcontainern im Wert von 100.000 Euro zur Verfügung gestellt. (https://www.aktionsbuendnis-fuchs.de/single-post/Fellwechsel) Mitte dieses Jahres hatte der Landesjagdverband Thüringen noch verkündet, das Projekt Fellwechsel weiter zu forcieren und z. B. die Anzahl der Gefriertruhen, in denen die toten Tiere gelagert werden, vervielfachen zu wollen. In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen dürfen wir wohl gespannt sein, wie viel Geld die Jägerschaft noch in ein Projekt investieren wird, welches von Beginn an zum Scheitern verurteilt war…


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