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Beurteilung des Videos „Deutscher Jagdterrier: Arbeit in der Schliefanlage“ des Deutschen Jagdterrier-Clubs vom 11.11.2025

  • Autorenbild: Dag Frommhold
    Dag Frommhold
  • vor 2 Tagen
  • 5 Min. Lesezeit

Der Deutsche Jagdterrier-Club e.V. hat kürzlich ein Imagevideo über die „Arbeit in der Schliefanlage“ veröffentlicht. (1) In Schliefanlagen werden Jagdhunde an lebenden Füchsen für die Baujagd abgerichtet, was in mehrere Gutachten/Stellungnahmen (2,3,4,5) als klar tierschutzwidrig bewertet wird. Eine systematische Dokumentation der Zustände in deutschen Schliefanlagen hat in den letzten Jahren vielfältige Missstände bei den Haltungsbedingungen, der Versorgung und im Umgang mit Schliefenfüchsen ans Licht gebracht. Diverses Bildmaterial belegt zudem unmissverständlich, welchem Stress und Leid die Füchse ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Tatsachen und Anzeigen durch Wildtierschutz Deutschland sind zuletzt die Schliefenanlagen des Teckelklubs Westmünsterland (2024) in Rhede (Kreis Borken, NRW) geschlossen und die des Jagdterrier-Klubs Eiterfeld-Ufhausen (Fulda, Hessen) behördlich geräumt (2024) worden. In mehreren Bundesländern wird ein Verbot von Schliefanlagen und der Baujagd diskutiert. Mit seinem Video will der DJT-Club nun offensichtlich zeigen, dass die Schliefenarbeit „gar nicht so schlimm“ ist. Wer sich das Video jedoch mit kritischem Blick ansieht, erkennt zahlreiche Unstimmigkeiten, die den Zuschauer – ob vorsätzlich oder fahrlässig – in die Irre führen.

 

Vorzeigefuchs als Schliefenfuchs präsentiert

Im Video wird behauptet, dass der eingangs gezeigte, auffällig zahme und gut gepflegte Fuchs derselbe Fuchs sei, der später beim Einsatz in der Schliefanlage gezeigt wird. Doch das ist definitiv nicht der Fall: Beide Füchse unterscheiden sich in Verhalten und Aussehen deutlich. Der überaus zutrauliche Fuchs hat ein makelloses, helles Fell, einen sehr buschigen Schwanz und einen kleinen, blassen Schnauzenfleck. Der Fuchs in der Schliefanlage wirkt wesentlich scheuer und hat ein unregelmäßiges Fell, sein Schwanz ist dünner und sein Schnauzenfleck auffällig groß.



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Sowohl der zahme als auch der scheue Fuchs wird „Schlumpes“ genannt. Die Kommentare und der Schnitt des Videos vermitteln den Eindruck, dass der zahme Fuchs in der Schliefanlage eingesetzt wird. Wie an Körperbau, Fellfärbung, Schwanz und Schnauzenfleck zu erkennen ist, kommt jedoch im Video in der Schliefanlage tatsächlich nicht der zahme Fuchs zum Einsatz.


Warum hat man nicht den zahmen Fuchs (den angeblichen „Chefausbilder“) in der Schliefanlage gefilmt? Wurde für die Aufnahmen im Gehege womöglich ein Filmtier oder ein gezüchteter Fuchs aus Privathaltung eingesetzt, weil die echten Schliefenfüchse viel scheuer und ängstlicher auf Menschen reagiert hätten? Auf jeden Fall wird der Zuschauer hier hinters Licht geführt.

Fakt ist, dass in Schliefanlagen meist keine zahmen Zuchtfüchse zu finden sind, sondern Wildfänge. Auch „Handaufzuchten“ von Fuchswelpen aus freier Natur sind und bleiben Wildfänge, die in aller Regel fremden Menschen gegenüber scheu werden, einen natürlichen Freiheitsdrang entwickeln und so vielfach unter dem Leben in einer Schliefanlage leiden.

 

Haltungsbedingungen und Versorgung

Das Gehege wird als „herausragende Anlage“ beschrieben, welche die Vorgaben aus dem erwähnten Gutachten(6) deutlich überschreite. In Wirklichkeit erfüllt das Gehege zwar flächenmäßig die Mindestanforderung, bleibt jedoch weit unter der im Gutachten aus Tierschutzsicht empfohlenen Größe. Zudem ist die Ausstattung mehr als dürftig: Ein altes Hundespielzeug ins Gehege zu legen, genügt als Enrichment-Maßnahme natürlich nicht. Laut Gutachten sollen angesätes Gras, geruchliche Reize, ungewohnte Gegenstände zum Klettern, Spielen und Verstecken, Schatten- und Sonnenplätze, Sichtblenden, etc. bereitgestellt werden. Auch „verschiedene Formen der Futterdarbietung, z. B. (…) in Büschen und Bäumen erreichbar verteilte, kleinere Futtertiere“ gehören zum Enrichment dazu. Das Gehege des DJT-Clubs ist dagegen eine überdachte Sandwüste ohne jeglichen Grünbewuchs, mit ein paar trockenen Ästen, einem hohlen Baumstumpf und einer kleinen Hütte als Unterschlupf. Zudem werden die Füchse wohl in separaten Gehegen gehalten, obwohl das Gutachten eine paarweise Haltung empfiehlt. Eine Einzelhaltung macht wichtige soziale Interaktionen (z. B. das gemeinsame Spiel oder die gegenseitige Fellpflege) unmöglich. Auch die im Video gezeigte Nahrung entspricht nicht dem erwähnten Gutachten, das für Füchse vorwiegend ganze Futtertiere empfiehlt. Trockenfutter wird von Füchsen oft schlecht vertragen und ist nicht artgerecht. Dass man im Video noch etwas Distel-Öl aus einer offenbar uralten, verrosteten Dose dazugibt, verschlechtert den Eindruck der Versorgungssituation noch weiter.


Eine lebenslange Haltung/Versorgung auf diesem Niveau wird den Bedürfnissen von Füchsen nicht gerecht. Es ist bezeichnend, was der DJT-Club hier in seiner Vorzeigeanlage hier als „herausragend“ präsentiert und dass sogar behauptet wird, die Füchse hätten dort „ein fantastisches Leben“.

Dass Gehege regelmäßig gereinigt und Tiere veterinärmedizinisch betreut werden, sollte übrigens selbstverständlich sein. Dennoch wurden auch in diesem Bereich in vielen deutschen Schliefanlagen gravierende Missstände festgestellt. Gehege waren oft massiv verdreckt und Angaben zu Namen, Alter, Herkunft und medizinischen Daten der Tiere waren oft zweifelhaft oder nachweislich falsch.

 

Verharmlosung und Fehlinformation

Anders als im Video behauptet, hat der Schliefenfuchs bei der Konfrontation mit dem Hund massiven Stress. Um dies zu belegen, muss man den Fuchs nicht einmal sehen, denn seine Lautäußerungen sprechen - selbst in dieser „vorbildlichen“ Schliefanlage – eine deutliche Sprache: Nachdem der Hund mit dem Verbellen beginnt, hört man den Fuchs keckern. Das Keckern zählt zu den distanzfordernden Lauten, welche Füchse äußern, wenn sie sich bedrängt bzw. bedroht fühlen oder Gegner abschrecken müssen. Der Jäger kommentiert das Verhalten mit den Worten „Der Fuchs arbeitet sehr gut mit“. Aber natürlich keckert der Fuchs nicht, um bewusst „mitzuarbeiten“, sondern schlicht als Reaktion auf die unmittelbare Bedrohung durch den aggressiven Hund, vor dem er nicht fliehen kann und gegen den er sich zu verteidigen versucht. Das Keckern beweist, dass der Fuchs in dieser Situation Stress und Angst empfindet – obwohl es nicht zu einem körperlichen Kontakt kommt.

Ansonsten werden im Video die ebenso typischen wie haltlosen Behauptungen von einer ausufernden Fuchspopulation, von durch Füchse bedrohtem Niederwild, und der Baujagd als „notwendiger Management-Maßnahme“ aufgestellt. Sie sind allesamt längst durch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten (7) widerlegt und sollen hier lediglich dazu dienen, Schliefanlagen und Baujagd Laien gegenüber zu rechtfertigen.

 

Fazit

Selbst die zumindest teilweise gestellten Aufnahmen mit einem Vorzeigefuchs und einer Vorzeigeanlage, mit denen der DJT-Club das Image von Schliefanlagen aufpolieren möchte, zeigen erneut, wie problematisch die Haltung von Schliefenfüchsen ist und dass die Abrichtung von Jagdhunden an lebenden Füchsen untrennbar mit Stress und Leid verbunden ist. Wie es in Anlagen aussieht, die nicht von Jagdhundeclubs zur Imagepflege genutzt werden, wurde vielfach dokumentiert. Die Belastungen, denen Schliefenfüchse durch mangelhafte Haltungsbedingungen oder die regelmäßigen Konfrontationen mit den Jagdhunden ausgesetzt werden, führen dazu, dass nahezu alle Schliefenfüchse früher oder später Verhaltensstörungen zeigen.

Problematische Zustände in Schliefanlagen werden von Seiten des Tierschutzes also keineswegs „kolportiert“, wie der Vorsitzende des DJT-Clubs behauptet. Die Kritik beruht auf sachlichen und wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen über das Verhalten und die Bedürfnisse von Füchsen sowie zahlreichen Belegen für die Missstände in deutschen Schliefanlagen. Zu behaupten, der Einsatz eines Fuchses in der Schliefanlage sei „absolut tierschutzgerecht und stressfrei“, ist eine krasse Falschaussage, die gleichermaßen von mangelndem Respekt gegenüber der Kreatur und von fehlender Sachkunde zeugt. Zudem muss man sich vor Augen führen, dass Schliefanlagen nur betrieben werden, damit ein kleiner Teil der Jägerschaft eine vollkommen unnötige und selbst hochgradig tierquälerische Jagdart – die Baujagd – ausüben kann. Das legt nahe, dass es hier letztlich nicht um Arten- oder gar Tierschutz geht, sondern einzig und allein um die von begeisterten Baujägern so oft beschworene „Freude an der Baujagd“.


Das Aktionsbündnis Fuchs fordert die Entscheidungsträger – auch ganz aktuell im Rahmen der anstehenden Jagdgesetzesnovelle in Niedersachsen – dazu auf, dem Staatsziel Tierschutz Rechnung zu tragen und die Jagdhundeausbildung an lebenden Füchsen sowie die Baujagd insgesamt endlich zu verbieten.

 

Quellen

(1)   Deutscher Jagdterrier Club e.V. (11.11.2025): „Deutscher Jagdterrier: Arbeit in der Schliefanlage“, YouTube-Video, https://www.youtube.com/watch?v=cHWfG0vdsGs

(2)   DJGT (2019): „Tierschutzrechtliche Unzulässigkeit von Schliefanlagen und Bewertung des Filmmaterials unter Bezugnahme auf die gutachterlichen Stellungnahmen von Robin Jähne vom 15.10.2019 sowie von Dr. Claudia Stommel, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) vom 26.02.2019“

(3)   SWILD – Stadtökologie, Wildtierforschung, Kommunikation (2009): „Eine Beurteilung der Baujagd aus wildtierbiologischer und verhaltensbiologischer Sicht“, im Auftrag des Schweizer Tierschutz STS, 13.11.2009

(4)   G. Bolliger, V. Gerritsen, A. Rüttimann (2010): „Die Baujagd unter dem Aspekt des Tierschutz- und Jagdrechts“, TIR – Stiftung für das Tier im Recht, im Auftrag des Schweizer Tierschutz STS, 11.05.2010

(5)   Wüstenberg (2023): „Rechtswidrigkeit der Fuchsbaujagd“, NJOZ 2023, 1440-1446

(6)   Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (07.05.2014): „Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“

1 Kommentar


Royal
Royal
vor 18 Stunden

Mir gefällt, dass das Spiel nicht sofort alles preisgibt. Man entdeckt nach und nach kleine Details, die den ägyptischen Stil noch lebendiger machen. Als das Wild mehrfach hintereinander auftauchte, musste ich an lucky pharaoh denken, da der Name genau diese Mischung aus Glück und Mythologie verkörpert.

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