Die Betreiber eines Lebenshofs für Hasen, Hühner und Hähne in Mittenwald haben nicht nur ein Herz für “ihre“ Tiere, sondern arrangieren sich ebenso mit Wildtieren, zu denen auch die Füchse aus der Nachbarschaft zählen. Auf den Bildern ihrer Wildkamera haben sie schon häufig beobachtet, wie Füchse friedlich auf dem Grundstück toben.
Doch als die Betreiberin des Hofs am Dienstag, dem 8. Juni 2021, in der Mittagspause nach ihren Tieren schaute, stellte sie fest, dass sich ein junger Fuchs in einem Hühnerzaun verfangen hatte. Der kleine Welpe war munter und sah gesund aus, konnte sich jedoch alleine nicht mehr befreien. Auch der Frau gelang es nicht, den Welpen aus dem Zaun herauszubekommen. Sie suchte Hilfe, aber weder der örtliche Tierschutzverein, noch das Tierheim waren zu erreichen. Also wandte sie sich schließlich in ihrer Not an die Polizei, in der Hoffnung, dass man einen “Freund und Helfer“ schicken würde, um das Füchslein gemeinsam aus seiner misslichen Lage zu retten.
Doch die Polizei schickte keinen Helfer, sondern einen Vollstrecker: Als der Jäger aus seinem Auto ausstieg, habe er direkt seine Waffe geladen – und zwar ohne den Fuchs überhaupt gesehen zu haben. Auf den Einwand der Grundstückspächterin, er könne doch hier nicht umherballern und sie könnten das Tier doch gemeinsam freischneiden, habe er kalt und völlig empathielos mit den Worten "Nein, der muss erschossen werden" reagiert. Nach eigenen Angaben „völlig verstört und fassungslos“ und auch überfordert von diesem voreiligen, vernichtenden Urteil des resoluten, bewaffneten Mannes, führte sie ihn zu der Stelle, an welcher der kleine Fuchs noch immer tapfer versuchte, sich aus dem Zaun zu winden. Sie sei nun vom Jäger aufgefordert worden, besser die Hunde zur Ruhe zu bringen. Daraufhin entfernte sie sich, während der Jäger seine Ankündigung in die Tat umsetze: Er tötete das wehrlose, gesunde Geschöpf, das immer noch verzweifelt versuchte, zu entkommen.
Mit den Worten „So, und entsorgen musst Du ihn selber!“ habe der Jäger den Hof wieder verlassen und es der inzwischen in Tränen aufgelösten Tierfreundin überlassen, die Leiche des Fuchswelpen, der sie wenige Minuten zuvor noch aus großen hilfesuchenden Augen angeschaut hatte, aus dem Zaun zu schneiden. Dem nun auch eintreffenden Polizeibeamten meldete er Vollzug – er habe den Fuchs "erlöst".
Tief erschüttert wandte sich die Hofbetreiberin anschließend an das Aktionsbündnis Fuchs: „Ist das die Aufgabe eines Hegers? Wehrlose, gesunde Geschöpfe einfach abzuballern? Ich weiß, ich hätte ihm den Zutritt zum Gelände verwehren müssen, als klar war, dass er den Fuchs erschießen wird. Aber ich war wie gelähmt. Ich habe nicht gewollt und auch nicht kundgetan, dass er ein hilfebedürftiges Tier auf meinem Grundstück erlegt; das Gegenteil war der Fall.“
Ob rechtliche Schritte gegen den Jäger eingeleitet werden, wird nun geprüft. Immerhin soll er ohne Genehmigung der Grundstückspächterin oder der Jagdbehörde im befriedeten Bezirk Gebrauch von der Schusswaffe gemacht haben. Zudem gab es offenbar keinen gemäß Tierschutzgesetz vorgeschriebenen „vernünftigen Grund“, um diesen Fuchs zu töten. Unabhängig von der juristischen Beurteilung sind wir entsetzt über das zumindest höchst unmoralische Vorgehen des Jägers und möchten den Fall hiermit öffentlich machen. Wir hoffen, damit zukünftig ähnlichen Fällen vorbeugen zu können.
Das Aktionsbündnis Fuchs weist darauf hin, dass man sich auf der Suche nach Hilfe für Füchse im ersten Schritt stets an eine fuchserfahrene Wildtierhilfe wenden sollte. Hier wird man hinsichtlich der Beurteilung einer Situation, sowie zum sowohl juristisch korrekten als auch tierschutzgemäßen Vorgehen am besten beraten. Es besteht in solchen Fällen (zunächst) auch keinerlei rechtliche Verpflichtung, den Jagdausübungsberechtigten (JAB) zu informieren. Im aktuellen Fall wäre das Tierheim Garmisch-Partenkirchen ein geeigneter Ansprechpartner gewesen. Es betreibt seit vielen Jahren eine Wildtierauffangstation, in der auch immer wieder Jungfüchse aufgenommen werden. Jäger, Förster, Polizei, Veterinärämter, andere Behörden und leider auch die meisten Haustierschutzvereine, Tierarztpraxen und Tierkliniken verweisen lediglich an den zuständigen JAB – oft mit dramatischem Ausgang, wie auch andere Fälle zeigen.
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